4. Sellerhäuser Gespräch – Buslinie 90: Was darf Mobilität kosten?

Sellerhäuser Gespräche

Regelmäßig möchte der Bürgerverein Sellerhausen-Stünz mit Bürgern und Stadtvertretern ins Gespräch kommen, um Probleme die uns im Stadtteil interessieren bzw. bewegen zu thematisieren.
Wenn Sie Vorschläge, Interessen, Probleme haben, dann würden wir uns freuen wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen.


4. Sellerhäuser Gespräch

Buslinie 90: Was darf Mobilität kosten?

Als der Bürgerverein im Juli 2008 zum Parkfest innerhalb kurzer Zeit über 300 Unterschriften für eine Verschwenkung der Buslinie 90 durch das Wohngebiet Leonhard – Frank – Straße gesammelt hatte, konnten wir bereits ahnen, dass dieses Thema für Menschen in unserem Stadtteil von großer Wichtigkeit ist.

Das ablehnende Schreiben der LVB ist bekannt und uns war klar, dass sich daran ohne öffentlichen Druck nichts ändern wird. Mit vielen Leserbriefen, Gesprächen und Recherchen konnten wir erreichen, dass die LVB, die Verwaltung und die Stadträte einer öffentlichen Podiumsdiskussion in unserem Stadtteil zustimmten.

Da ja dieses Jahr auch Stadtratswahlen sind, haben wir als Termin bewusst den 20.01.2009 bestimmt. Zugesagt hatten Vertreter der vier großen Stadtratsfraktionen. Von der SPD konnten wir Frau Dr. Anke Kästner begrüßen, von der CDU Herrn Holger Gasse und von Bündnis 90/Grüne Herrn Michael Weichert (MdL). Warum der Vertreter der LINKEN trotz Zusage fernblieb entzieht sich meiner Kenntnis. Das Podium komplettierten Herr Eduard Flacker von der LVB und Herr Stephan Rausch vom Verkehrs- und Tiefbauamt.

Warten auf den Stadtrat der Grünen. Die Partei Die Linke war gar nicht anwesend!

Warten auf den Stadtrat der Grünen. Die Partei Die Linke war gar nicht anwesend!

Ca. 50 Gäste besuchten trotz der für ältere Leute ungünstigen Abendstunden unsere Veranstaltung. Es ging dann auch recht bald zur Sache. Herr Flacker begründete nochmals die ablehnende Haltung der LVB: Kosten von angeblich 250.000,00 € und angebliche mangelnde Solidarität der Fahrgästen aus anderen Stadtteilen, die längere Fahrtzeiten unter keinen Umständen akzeptieren wollen!

Das blieb in der impulsiven, aber immer sachlichen Debatte nicht lange unwidersprochen. Es ist nicht einleuchtend, dass für 5´ längere Fahrtzeit extra ein neuer Bus angeschafft werden muss. Auch die Negation der Solidargemeinschaft konnte nicht belegt werden. In der Diskussion wurden von Bürgern viele weitere vernünftige Ideen geäußert, um Kosten und Umstellungen gering zu halten:

• Eine Buslinie 90E, die nur einmal (?) in der Stunde verkehrt, und das nicht zu Hauptverkehrszeiten. Die älteren Mitmenschen können sich auf die Abfahrtszeiten einstellen.

• Ein Wechsel mit der in Schönefeld gefahrenen Schleife.

• Eine Verlängerung der Taktzeiten von bislang 10´ auf 12´

• Einsatz von Kleinbussen als Quartierslinie

• Linienführung über Cunnersdorfer Straße

• Linienführung über Louis – Fürnberg – Straße/Macherner Straße/Portizer Straße

Leider zeigte sich recht bald, dass der Mitarbeiter der LVB nicht näher auf die Vorschläge eingehen konnte und diese mit fiktiven Bedarfs- und Kostenanalysen abwies. Spezifische Aussagen konnten nicht getroffen werden. Auch blieb bislang unsere Kostenrechnung unkorrigiert, nach der eine Schleife tatsächlich nur ca. 7,00 € kostet. Das entspräche 3 Tickets.

In der Diskussion kamen aber auch Bürger zu Wort, denen der Fußweg noch nicht zu lang und zu beschwerlich ist. Ebenso wurden Bedenken gegen die höhere Umweltverschmutzung und den Lärm geäußert, den die (je nach Taktzeit) fahrenden Busse im Wohngebiet verursachen.

Die Vertreter der Stadtratsfraktionen machten deutlich, dass die LVB für die Stadt bereits ein Zuschussgeschäft ist – und zwar mit 54 Mio. €/Jahr. Das entspricht 30 % der Gesamtkosten! In der Diskussion äußerten sie Verständnis für das Anliegen der Bürger. Tatsächlich ist es den Stadträten zu verdanken, dass Herr Flacker die verschiedenen Varianten in seinem Hause nochmals prüfen will. Diese Prüfung soll dann den Stadträten und dem Bürgerverein übersandt und dann zusammen diskutiert werden. „Schnellschüsse“ sind hier nicht zu erwarten.

Auch Herr Rausch von der Stadtverwaltung kam noch zu Wort. Aus seiner verkehrsplanerischen Sicht bestehen keine Bedenken gegen eine Linienführung durch das Wohngebiet.

Im Nachgang zur Veranstaltung wurde mir die Fahrgastübersicht über die Zustiege in der Permoser Straße übersandt. Demnach steigen dort im Durchschnitt nur zwei Fahrgäste pro Fahrt ein. Das führt die LVB zu der These, dass gar kein richtiger Bedarf für das Wohngebiet besteht. Tatsächlich zeigt es doch, dass die Bedarfsplanung der LVB an den Bürgern vorbei geht (oder fährt), wenn nur zwei Leute einsteigen. Die Menschen wollen nicht nur ins PC, sondern in die Stadt, zu Freunden, Ärzten oder anderen Einrichtungen.

Als falsch stellte sich auch die Aussage der LVB heraus, dass bei stadtteilübergreifenden Linien eine „Verästelung“, bzw. unterschiedlichen Routen nicht stattfindet. Das ist nicht der Fall, die Linien 61, 65, 70, 73, 74, 80,… fahren alle mit Indizes, also verschiedenen Strecken innerhalb einer Linie.

Wir hoffen, dass das Problem seitens der LVB nun nicht unter den Tisch gekehrt wird und tatsächlich nach Alternativen zum vorhandenen Zustand gesucht wird.

Schriftverkehr zur Bushaltestelle Leonhard-Frank-Straße:

PDF Download: 2008-07-18 Brief an LVB

PDF Download: 2008-07-24 Antwortbrief LVB

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